Weltreiseblogger: Vom Reisen, Geld verdienen und Selbstbetrug
In Deutschland nimmt die Zahl der Reiseblogger und Weltreiseblogger beständig zu, und laut grossen Magazinen ist das auch gut so, denn die Reiseszene – womit natürlich die milliardenschweren Reiseunternehmen gemeint sind – verlangt nach mehr. Ob Kurzurlaub, Pauschalreise, Luxusreise, Weltreise, Weltenbummler oder Backpacker, alle Themengebiete sollen mit einer besonderen Bloggerszene gesättigt sein. Während allerdings die vier ersten Reisearten den gewöhnlichen Touristen darstellen, der sich selbst wenig oder kaum belügt, nehmen die letzten beiden,darunter die Weltreiseblogger für sich in Anspruch die Reiseweisheit, das Kunst des Reisens, das Leben auf Tour, Welterfahrung und den Sinn für das Schöne für sich gepachtet zu haben. Allerdings steckt da bei genauerem Hinsehen nicht viel dahinter.
Weltreiseblogger – wie gauckle ich mir selbst und anderen etwas vor?
Öffnet man so einen Blog einer dieser Weltenbummler, kommen imgrunde immer wieder die gleichen langweilen Storys nur anders verpackt zum Vorschein. Da wird vom einfachen anspruchslosen Leben mit der Umhängetasche, den zerrissenen Rucksäcken, dem Leben im Mehrbettzimmer eines überfüllten Hostels, den Naturschönheiten und den scheinbar freundlichen Einheimischen teilweise gefühlvoll, wortgewandt aber fast immer augenwischerisch erzählt. Die Geschichte vom verpassten Bus, das Alleingelassensein in der Wüste, die Bootsfahrt im haiverseuchten Meer zur unbewohnten Insel, all das kommt immer und immer wieder vor. Themen, die in jedem Groschenroman zu finden sind.
Das Beste ist die Geschichte mit den freundlichen Einheimischen. Na, wenn die nicht in irgendeinem Thema eines jeden Reiseblogs abgehandelt wurde, dann fehlt was. Nur was wissen die Blogger darüber? Gar nichts um ehrlich zu sein! Ein Einheimischer in Südamerika und Asien oder wo auch immer wird immer nur so lange freundlich sein, wie man als Gast – um nicht zu sagen Tourist – im Lande verweilt. Ein Backpacker und Weltenbummler bleibt aber selten länger als ein paar Wochen oder gar zwei, drei Monate. Somit wird er auch nie einen wirklichen Bezug zu dem Leben der Menschen vor Ort haben können – geschweige dann echte Freundschaften schliessen können.
Wer kann sich anmassen solch einen Satz zu schreiben: In keinem anderen Land wurde ich so freundlich empfangen und konnte gleichzeitig so interessante Menschen kennenlernen? Da muss man sich doch fragen wo der Autor war? Ich bin seit 15 Jahren unterwegs und könnte das von keinen Einwohnern behaupten. Alle sind anders, aber nicht besser oder schlechter und schon gar nicht die allerfreundlichsten. Und wie gesagt, wenn sie auch in den ersten Tagen sehr aufgeschlossen und freundlich sind, wird sich das im Laufe der Zeit nicht mit Sicherheit aber mit einer grossen Wahrscheinlichkeit ändern, und das wahre Gesicht, die Nöte und Ängste der Menschen treten zu Tage, und verdrängen die Freundlichkeit.
Der Reiseblogger nimmt alles bewusster wahr
Auch ein schöner Spruch, der so abgelutscht in jedem Travellerblog vorkommt, ist die Wahrnehmung der Autoren, die sich angeblich durch das Reisen intensiviert hat. Da reist er dann jahrelang durch die Welt, hakt ein Land nach dem anderen ab, entdeckt Naturschönheiten, die Tausende schon vor ihm gesehen haben und erzählt etwas von der verbesserten Wahrnehmung und Verinnerlichung. Kommt der Weltreiseblogger dann nach Hause zu Mutti zurück, erkennt er nicht einmal die Schönheiten in seinem eigenen Geburtsort. Nein, die erkennt er nur auf der anderen Seite des Erdballs.
Bloggen über das Reisen – Touristenfallen in Südamerika und anderswo
Wenn es der Reiseindustrie auch gut gefallen mag, dass die Reisebloggerszene kostenlos für ihren Geschäftszweig Werbung macht, so ist es für mich nur ein Selbstbetrug. 99 % dieser Spezie denkt nämlich daran damit Geld zu verdienen und tut dafür alles. Und dazu gehört vor allem: nicht über Hässliches zu schreiben. Die brutale Wahrheit wie Sie die All-Inklusive Tourist in seinem hermetisch abgeriegelten Hotel gar nicht wahrnehmen will (daher belügt er sich auch nicht selbst, sondern steht zu dem was er macht), kann auch der Reiseblogger nicht rüberbringen. Wie würde das in seinen Blog passen, wenn er von zwei Touristinnen erzählen würde, die in Südamerika ermordet wurden? Es passt auch nicht in das Bild der heilen Welt zu erzählen welchen anderen Verbrechen Touristen zum Opfer fallen. Würde das erzählt werden, kämen keine Sponsoren, keine Backlinks und im betrügerischen Google-Ranking würde man ja auch zurückfallen.
Schauen wir uns also weiter die tollen Berichte der Weltenbummler an und lassen uns ein bisschen von ihrer Selbstbeweihräucherung einlullen.
Eine tolle Sache noch zum Schluss. Bei den meisten Reiseblogs findet sich auch immer ein Artikel, in denen von den Autoren die verschiedenen Traveler-Typen katalogisiert werden. Da wird zumeist sehr zynisch auf Anders-Reisenden rumgehackt. Von Toleranz keine Spur. Dafür mehr von Ignoranz. Und so kommt mir auch das ganze Reiseblogger-Business vor.
Der Berichterstatter, wie immer und auch üblich, ohne Namenzeichnung, hat Recht mit seinen Behauptungen und Feststellungen. Ich ärgere mich seit vielen Jahren darüber, wie mit einer Selbstverständlichkeit vermutetes Insiderwissen beschrieben wird, obwohl solche Weltenbummler nicht die geringste Einsicht in das wirkliche leben, was ihnen ja als Tourist vorbehalten bleibt, haben.
Ich kann das nach über dreissig Jahren Leben (nicht als Tourist) in vielen Ländern Ländern bestätigen und nachvollziehen, was der Autor hier niedergeschrieben hat, nur – und das ist das fatale – kaum ein Leser dieser Zeilen kann seine Kritik nachvollziehen, er kann Sie höchstens verstehen, aber damit ist es dann auch getan.
Man liest in jedem dieser herrlichen Erzählungen, wie nett die Leute sind. Sie sind aber im Alltag nicht anders als die Deutschen in Deutschland. Und die Leser, die das nahvollziehen sollen, erleben das ja auch nicht anders, wenn sie dort Urlaub machen. Warum sollen Sie also Zweifel haben?
Eines kommt bei dem Bericht zu kurz: Das Verhältnis im Ausland der Eltern zu ihren Kindern. In der Tat fällt das allen Touristen auf. Ein immer wieder schönes Erlebnis wird oft geschildert. Es fällt auf, dass die Menschen in anderen Ländern zu ihren Kindern ein völlig anderes Verhältnis haben, viel liebenswerter, viel inniger, viel vertrauter. Man hört dann wie kinderlieb die Erwachsenen in jenem Land sind. Aber wer den größten Teil der Welt kennt, muss unzweifelhaft feststellen, dass das nur den Deutschen auffällt, die eben nicht so nett und kinderlieb zu ihren Kindern sind. Mir fällt doch nur etwas auf, wenn es anders ist, als ich es kenne.
Und der Umgang mit den Tieren kommt sowohl in den Schilderungen als auch hier in diesem Bericht zu kurz, wird meistens nicht erwähnt.
Erik
Der Mann hat es erfasst, doch in den Bericht kann nicht alles eingefügt werden. Der Umgang mit Tieren und Kindern, das könnte ein anderes Thema sein. Doch gleich eins vorneweg. Vielleicht geht man in einigen Ländern besser mit seinen Kindern um – mit den Tieren auf jeden Fall nicht. Und das mit den Kids, na ja,, ich sehe das anders,. da muss man sehr genau hinschauen,
Finde ich nicht so toll wenn in Osteuropa und in Asien die eigenen minderjährigen Töchter an Zuhälter verschachert werden.
Um hier überhaupt etwas erwider zu können, müssen wir eigentlich zunächst einmal feststellen, dass auch der Autor dieser Seite ein Reiseblogger ist – ob ihm das gefällt oder nicht.
Und damit kommen wir bereits zum Problem dieses Artikels, den wir fast als Hassschrift bezeichnen können: Zwar hat der Autor richtig bemerkt, dass die Menschen in den Reiseländer äusserst unterschiedlich sind. Dabei ist ihm aber offenbar entgangen, dass auch die Szene der Reiseblogger ausgesprochen unterschiedlich ist. Es gibt durchaus viele sehr kritische Reiseblogger.
Wir müssen uns weiter fragen, was ein Reiseblog tun soll und was nicht seine Aufgabe ist. Zweifellos darf man mit gutem Recht kritisieren, wenn sich Autoren verkaufen und für PR-Artikel Dinge schön schreiben, die nicht schön sind.
Aber ist es die Aufgabe eines Reisebloggers über das Elend der Welt zu schreiben? Nein. Er kann das, aber er muss das nicht. Denn dafür gibt es Politikblogger oder Sozialblogger. Im Gegenteil: Wenn ich (als jemand, der lange in China gelebt hat) in einem Artikel über ein chinesisches Handy den fünfhundersten Verweis auf das Tiananmen-Massaker lese, dann zweifle ich mehr am Wissen desAutoren, als wenn er es einfach auslassen würde.
Ebenfalls stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein Reiseautor 30 Jahre im Ausland gelebt haben muss, um darüber zu schreiben. Auch hier ein klares Nein. Natürlich weiss derjenige mehr, der länger im Ausland lebte. Aber dieses Wissen ist schlicht unnütz. Denn Südamerikaveteranen, wie der Autor des obigen Artikel wohl ist, haben nämlich bei all ihrem Detailwissen ganz vergessen, wie sie das Land am ersten Tag erlebt haben – und damit auch das Gefühl, das andere Touristen auf ihrer Reise haben werden.
hab auch jahrelang in Asien in verschiedenen Ländern gelebt, und da gabs noch keine Blogger, denn es gab kein Internet. ich hab nichts vergessen, denn ich hab mir keine Kamera gekauft und alles bis ins Detail dokumentiert, sondern im Hirn gespeichert, was man ja heute nicht mehr braucht, hat man alles auf dem PC, Lapi oder Smartphone. Und das Wissen ist sicherlich nicht unnütz, sondern tiefgründig und feinfühlig, was willst du wissen und erfahren haben, wenn dich jemand für ein paar Tage aufnimmt und dir die heile Welt vorgauckelt? Gar nichts weisst du. Ich hab ja auch nicht grschrieben, dass es keine Reiseblogger geben soll, es ist nur immer und überall das gleiche.. Macht mal irgendeiner was anderes, bekommen sie sofort eine Glaubenskrise. Sollte eigentlich mehr zum Nachdenken anregen. Nicht dazu, dass du die Wand hochgehst. Manchmal schadet ein bisschen Provokation nichts, kommt etwas Leben in die Bude.
Schönen Dank für den Kommentar,, genau so wollte ich das. Da sitzt er nun mit seiner Kokosnuss und lebt das Reisebloggerleben an exotischen Stränden und ferner Städten.. Schön, richtig schön. Gefällt mir.
Provokationen sind in Ordnung. Bei der Arroganz solltest du aber aufpassen. Das kostet dir Leser.
ist eigentlich keine Provokation sondern eher Erfahrung,, ich scheisse auf Leser, ich mache was ich will und renne nicht dem Google Ranking hinterher.. Meine Infos sind neutral und hieb und stichfest, Dieser Artikel ist nur ein Spiegel von dem was ich sehe. immer und überall die gleiche Leier mit Abwandlungen.. So Pop-Mainstream halt. Machen wir alle mit, verkauft sich ja gut..
Wow, ganz schon viel angestauter Frust… Schade. Manche Menschen bloggen auch einfach zu Spass – solls geben 😉
ist kein Frust, sind reine Beobachtungen in vielen Bloggs , musst sie nur mal alle so ein bisschen durchblättern,, auch deinen eigenen vielleicht.. wirst dich schon selbst erkennen. ich hab ja nicht gesagt, dass die keinen Spass dabei hätten.
Super geschrieben. Echt jetzt, top wie Du das auf den Punkt bringst und deinen Standpunkt vertrittst Genau für sowas sind Blogs doch da. Blabla0815 „Journalismus“ können die abgedroschenen Magazine machen, echte Meinungen gibt’s eben in Blogs.
der Mann hat es verstanden sich bei mir beliebt zu machen, daher darf er auch seinen Link beahlten;-)