Heute ist mir ein Artikel aufgefallen, der mich zum Nachdenken anregt. Thema: „An den Grenzen der Gastfreundschaft.“ Erschienen in „Süddeutsche Zeitung“, einem Nachrichtenblatt, das den meisten Touristen wohl wenig sagt. Es geht darum, welche Art von Touristen für die Einheimischen den größten Schaden anrichten. Auf dem Superfight in der Travel-Schwergewichtsklasse: Pauschaltourist gegen Individualtourist.

Der Kampf zwischen Tourismusideologien

Rechts in der Ecke mit Badelatschen und buntem Hawaiihemd und 100 Kilo Kampfgewicht der Pauschaltourist. In der linken Ecke mit Trekkinghosen und Rucksack bepackt, der drahtige 80 Kilo Individualtourist. Die Voraussetzungen auf den ersten Blick scheinen klar. Der Pauschi ist der Looser. Warum eigentlich? Ja, warum eigentlich? Schon beim ersten Überlegen wird einem selbst schnell klar, der Pauschaltourist macht kaum was falsch auf seinen Reisen – zumindest im direkten Sinne nicht. Indirekt und weitläufiger betrachtet schon. Aber nüchtern betrachtet bleibt er in seiner gebuchten Umgebung und verlangt auch an sich ansonsten nicht viel, außer mal so einem kleinen Abenteuerchen auf einem Kamel, einem Bootstürchen oder was sonst auch immer, über das der erfahrene Individualtravler nur müde lächeln kann. Die Strand- und die Poolbar, dazu ein paar Animateure, die etwas Abwechslung in den ansonsten öden Urlaubstag bringen und das wars auch schon. Ok, schaut man etwas hinter die Kulissen, bietet sich da ein anderes Bild. Denn von dem Pauschi leben natürlich andere. Und die meisten davon eher recht als schlecht. Billig reisen und jeden Komfort dabei genießen geht auf Kosten von …..na, von was wohl? Richtig, Arbeitskräften bzw. Arbeitslöhnen und Arbeitsbedingungen. Hier ließe sich eine ganz Latte von mittel- und unmittelbaren Problemen und Nachteilen aufzählen, die der Insider kennt.

Individualtourist

Individualtourist

Nicht nur der Pauschaltourist und Kreuzfahrttouristen sorgen für Probleme

Doch wie sieht das mit dem Individualtouristen aus, der ja für das besondere, unabhängige und selbstständige und auch nachhaltige Reisen steht? Ist der wirklich der Gewinner in Sachen nachhaltigem bzw. bewusstem Tourismus? Na, wer den Artikel gelesen hat in der Zeit, der beginnt schnell daran zu zweifeln. Wieso steht da was von Bürgerinitiativen gegen Touristen in Barcelona? Und warum gibt es eine Anti-Touristengruppe mit dem Namen „Ciutat per a qui l’habita“ (Die Stadt für die, die darin wohnen). Bringt nicht jeder Tourist Geld und Wohlstand? Ist der Individualtourist nicht der Traveler, der sich mit den Einheimischen verbündet? Und mehr noch, deren Lebensstil imitieren will – zumindest solange er dort ist. So in der Art eines Chamäleons. Heute mach ich einen auf Eskimo und morgen einen auf Indio.

Bei den Kreuzfahrern weiß man nicht so ganz genau in welche Kategorie die eigentlich gehören. Denn nicht alle sind Pauschis. Einige unternehmen ja vor Ort auch was auf eigene Faust. Das weiß ich, da ich selbst in Uruguay für Kreuzfahrer Individualtouren anbieten. Doch die meisten sind wirklich nur Herdentiere. Das sehe ich am Kai, wenn Sie in Massen in die Touristenbusse einsteigen, die sie zu abgelutschten Touristenfallen kutschieren. Aber gerade dort wird es dann unüberschaubar. Der Pauschi auf Tagestour, der Kreuzfahrer beim Landgang und der Individualtourist treffen aufeinander. Nehmen wir Orte wie Venedig oder Dubrovnik, die jeder auf dem Kamera.Chop haben will. Vor allem der Individualtraveler, der schon 1 000 Fotos mit einsamen Stränden auf seinem Instagram- und Pinterest-Profil hat. Ich kann der Feststellung im Text: „Die Zuordnung böse Pauschalurlauber, gute Individualreisende funktioniert nicht mehr“ nur zustimmen.

Massentourismus - Pauschaltourismu

Massentourismus – Pauschaltourismu

Gute und böse Traveler – wie war die Sache mit dem Stein und erster Wurf?

Laut Analysen von Travelexperten bleibt der All-Inklusive oder Pauschi-Reisenden zumeist in seinen Unterkünften, wobei diese abseits der einheimischen Nachbarschaft angesiedelt sind. Der Individualtraveler hingegen will ja bis ins Wohnzimmer, um eine scheinbare Authentizität hautnah beim Reisen zu erleben. Hat sich schon mal jemand darüber Gedanken gemacht, dass selbst die steigenden Mietpreise in gut besuchten Altstädten auf eine Zunahme von Individualreisenden zurückzuführen sind? Airbnb-Traveler versauen den lokalen Mietpreismarkt. Interessant ist die Feststellung, dass auch Airbnb-Touristen durchaus Massentouristen sind. Muss man erst einmal dahinter steigen.
Ich kenne ein weiteres Problem auch aus Uruguay, wo sich im Sommer Herden von argentinischen, uruguayischen, chilenischen und brasilianischen plus die US- und Europa-Backpacker aufmachen die kleinen Badeorte am Atlantik zu bevölkern. In dem Fall allerdings mit Radau, Saufgelagen und Einbrüchen, da das Geld nicht zum täglich Rausch reicht. (Wer kennt die Story von den Backpacker und Individualreise Bettlern – den Begpackern?) Da mieten sich bis zu 10 Backpacker eine Hütte und machen allen Nachbarn das Leben zur Hölle. Nennen sich auch Individualreisende. Verstehe nur nicht ganz wieso? Dennoch zieht euch den Artikel mal rein. Er ruft neue Einsichten ins verkalkte Travelerhirn